Frau Prinz
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Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen - Methodische Hinweise
Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN)
Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten in Deutschland Leistungen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Zur Planung und Fortentwicklung des SGB IX werden drei statistische Erhebungen durchgeführt: Die Statistiken zu den Empfängerinnen und Empfängern der Eingliederungshilfe und die entsprechende Erhebung zu den Ausgaben und Einnahmen sowie die Erhebung zu schwerbehinderten Menschen.
Durchgeführt werden die Erhebungen – wie viele andere Sozialstatistiken auch – als dezentrale Bundesstatistik. Dabei übernimmt das Statistische Bundesamt unter Beteiligung der Statistischen Ämter der Länder die Erstellung der Erhebungs- und Aufbereitungskonzepte sowie die methodische Weiterentwicklung. Die eigentliche Durchführung der Erhebungen obliegt dann den Landesämtern. Durch die enge Abstimmung ist sichergestellt, dass die Ergebnisse in allen Ländern vergleichbar sind.
Durchgeführt werden die Statistiken als sekundärstatistische Vollerhebungen. Dies bedeutet, dass die Berichtsstellen den Landesämtern Daten liefern, die im Verwaltungsvollzug überwiegend bereits vorliegen. Da Angaben nicht eigens für die amtliche Statistik zusammengestellt oder erfasst werden, ist der Aufwand der Auskunftspflichtigen geringer als bei sogenannten Primärerhebungen.
Statistiken der Eingliederungshilfe
Die Statistiken zu den Empfängerinnen und Empfängern der Eingliederungshilfe und die entsprechende Erhebung zu den Ausgaben und Einnahmen werden jährlich vom Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) durchgeführt. Zu beiden Erhebungen besteht Auskunftspflicht. Auskunftspflichtig sind nach § 147 Abs. 2 SGB IX die Träger der Eingliederungshilfe. In Niedersachsen sind dies die Landkreise, kreisfreien Städte und die Region Hannover als örtlicher Träger sowie das Land als überörtlicher Träger (s. § 2 Nds. AG SGB IX/XII).
Die Statistiken wurden zum Berichtsjahr 2020 erstmalig durchgeführt. Zuvor war die Eingliederungshilfe Teil des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII). Dort war die Eingliederungshilfe im 6. Kapitel geregelt, das mit der Überführung der Eingliederungshilfe ins SGB IX ersatzlos gestrichen wurde. Entsprechend wurde die Eingliederungshilfe bis einschließlich des Berichtsjahr 2019 im Rahmen der Erhebung zu den Empfängerinnen und Empfängern von Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel SGB XII miterfasst.
Die Angaben für die Leistungsbeziehenden von Eingliederungshilfe insgesamt lassen sich annährungsweise miteinander vergleichen. Für die Angaben zu einzelnen Leistungsarten ist eine Vergleichbarkeit der Daten mit der Überführung der Eingliederungshilfe in das SGB IX nicht mehr gegeben. Dies liegt unter anderem daran, dass dem neuen Eingliederungsrecht eine andere Ausrichtung zugrunde liegt. Während die Sozialhilfe Menschen, die kein eigenes Einkommen oder Vermögen besitzen und auch gegenüber anderen Versorgungssystemen keinen Anspruch haben, vor Armut und Ausgrenzung schützen soll, ist das neue Eingliederungsrecht als modernes Teilhaberecht angelegt. Entsprechend orientiert sich das SGB IX an den persönlichen Bedarfen der Einzelnen (personenzentrierte Leistung). Damit findet – anders als in der Sozialhilfe – auch keine statistische Erfassung von Leistungen unterteilt nach innerhalb und außerhalb von Einrichtungen mehr statt.
In den ersten Berichtsjahren neuer oder neukonzipierter Statistiken gestaltet sich die Datenerhebung manchmal schwierig. Dies hat häufig vielfältige Gründe. So liegen unter Umständen die Daten in den Berichtsstellen noch nicht in der benötigten Form vor oder auch die Abgrenzung dessen, was wo oder gegebenenfalls auch nicht zu erfassen ist, ist teilweise noch nicht abschließend geklärt. Auch technische Schwierigkeiten in der eingesetzten Software vor Ort führen manchmal dazu, dass Daten nicht oder nicht vollständig übermittelt werden können. In Niedersachsen sind im Rahmen der Empfängerstatistik für die Berichtsjahre 2020 und 2021 Untererfassungen von ca. 1.000 Personen bekannt. Über fehlerhafte Datenerfassungen im Rahmen der Statistik der Ausgaben und Einnahmen liegen dem LSN keine Informationen vor. Fehlerhafte Datenerfassungen die den Statistischen Ämtern bekannt werden, werden im Qualitätsbericht dokumentiert.
Empfängerinnen und Empfänger von Eingliederungshilfe in Niedersachsen
Eingliederungshilfe erhalten Personen, die aufgrund einer Behinderung in ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt sind oder denen eine entsprechende, wesentliche Behinderung droht. Die Statistik erhebt für jede Person, die Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX erhält, einen Datensatz. Die Informationen liegen damit auf Personenebene vor (Darstellungseinheit) und werden in zusammengefasster Form als Tabellen veröffentlicht.
Die Leistungsbeziehenden werden dabei bei jeder Hilfeart, die sie erhalten, mitgezählt und ausgewiesen. Bei der Darstellung der Empfängerinnen und Empfänger von Eingliederungshilfe insgesamt werden Personen, die mehrere Leistungsarten erhalten, nur einmal gezählt, sofern dies auf Basis der statistischen Meldung erkennbar ist. Dies gilt analog auch für Personen, die verschiedene Leistungen zur sozialen Teilhabe oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten. Die Summe der Leistungsbeziehenden je Hilfeart ist damit höher als die ausgewiesene Zahl der Leistungsbeziehenden insgesamt. Auch in dem Ergebnis der Empfängerinnen und Empfänger von SGB-IX-Leistungen insgesamt können Doppelzählungen von Personen nicht völlig ausgeschlossen werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn unterschiedliche Berichtsstellen für die gleiche Person eine Meldung abgeben.
Ausgaben und Einnahmen der Eingliederungshilfe in Niedersachsen
In der Statistik der Ausgaben und Einnahmen nach dem SGB IX werden die Leistungen erfasst, die Personen, also Empfängerinnen und Empfängern von Hilfen, zuzuordnen sind. Damit wird der Aufwand des jeweiligen Trägers, der direkt für Leistungen an die Letztempfängerin bzw. den Letztempfänger erbracht wird, abgebildet. Zuweisungen, Umlagen, Erstattungen und Darlehen der öffentlichen Haushalte untereinander werden in der Statistik der Ausgaben und Einnahmen nach dem SGB IX nicht erhoben. Auch Investitionskosten sind nicht Teil der Erhebung. Nachgewiesen werden die tatsächlichen Zahlungsströme, die kassenwirksamen Ein- und Auszahlungen bis zum 31.12. des Berichtsjahres. Die Grundlage hierfür bildet der Finanzhaushalt. Für die zeitliche Abgrenzung der Zahlungsströme ist der Buchungszeitpunkt maßgeblich.
Die Statistik der Empfängerinnen und Empfänger und die Erhebungen zu den Ausgaben und Einnahmen können nur annäherungsweise in Beziehung gesetzt werden. Dies hängt mit dem Prinzip der Kassenwirksamkeit zusammen. So können Leistungen, die einer Person in dem einen Jahr gewährt werden, gegebenenfalls erst im nächsten Jahr kassenwirksam werden. In dem Fall würden die Person und die Aufwendungen unterschiedlichen Berichtszeiträumen zugeordnet.
Die Beträge werden in vollen Euro gerundet erfasst. Dadurch kann es bei der Aufsummierung der Leistungen je Hilfeart im Vergleich zu den erfassten Ausgaben insgesamt zu geringen rundungsbedingten Abweichungen kommen.
Menschen mit Schwerbehinderung in Niedersachsen
Die Erhebung zu schwerbehinderten Menschen wird alle zwei Jahre durchgeführt. Die Daten werden dem LSN vom Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie auf Basis des dort geführten Registers übermittelt. Informationen darüber, ob Personen verstorben oder weggezogen sind, erhalten die Versorgungsämter über Abgleiche mit dem Melderegister. In Niedersachsen wurde 2021 eine entsprechende Registerbereinigung durchgeführt. Die Daten für 2021 sind daher insgesamt von hoher Qualität. Vergleiche mit den Vorjahren sind aufgrund der zuvor ausgebliebenen Registerbereinigungen nur bedingt aussagekräftig.
Geheimhaltung
Bei den Statistiken, die im Rahmen des SGB IX durchgeführt werden, werden die erhobenen Einzelangaben grundsätzlich geheim gehalten (vgl. § 16 Bundesstatistikgesetz). In der Statistik der Menschen mit Schwerbehinderung werden ab dem Berichtsjahr 2021 ebenso wie in der Empfängerstatistik der Eingliederungshilfe die Tabellenwerte vor der Veröffentlichung mittels 5er-Rundung geheim gehalten. Bei der 5er-Rundung werden alle absoluten Werte einer Tabelle mit Personenangaben auf den nächsten durch 5 teilbaren Wert auf- oder abgerundet. Der veröffentlichte Wert weicht damit unter Umständen vom Originalwert ab. Die Abweichung beträgt maximal 2. Durch dieses Verfahren ist keine grundsätzliche Additivität mehr geben. Damit ist gemeint, dass unter Umständen bei einer eigenständigen Aufsummierung von Teilwerten ein anderes Ergebnis herauskommt, als das in der Tabelle veröffentlichte Gesamtergebnis.
Die Statistik der Ausgaben und Einnahmen der Eingliederungshilfe wird vor der Veröffentlichung keinem Geheimhaltungsverfahren unterzogen, da hier die Ausgaben und Einnahmen der zuständigen Träger der Leistungen insgesamt ausgewiesen werden und nicht die Angaben zu einzelnen leistungsberechtigten Personen.
Statistische Erfassung der Angaben zum Geschlecht
Das Merkmal „Geschlecht“ wird in den beiden Erhebungen mit Personenangaben in vier Ausprägungen erfasst: weiblich, männlich, divers und ohne Angabe (§ 22 Absatz 3 PStG). Personen, deren Geschlecht als "divers" oder "ohne Angabe" gemeldet wurde, werden aus Gründen der statistischen Geheimhaltung per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Für die Erhebung der Menschen mit Schwerbehinderung wird dies ab dem Berichtsjahr 2021 umgesetzt. Bis einschließlich des Berichtsjahres 2019 wurden Personen mit der Geschlechtsangabe „divers“ oder „ohne Angabe“ dem männlichen Geschlecht zugeordnet.