Frau Kuwatsch
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Todesursachsen in Niedersachen - Methodische Hinweise
Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN)
Vorbemerkungen
Alle Sterbefälle der in Deutschland wohnhaften Bevölkerung werden in der Todesursachenstatistik nach der jeweiligen Todesursache ausgewiesen. Die Todesursachenstatistik ist mit der Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung eng verbunden, da medizinische und demographische Informationen für jeden Sterbefall miteinander verknüpft sind. Dadurch können Informationen zum Alter, Geschlecht, Familienstand und Nationalitätsstatus der Verstorbenen ausgewertet werden.
Rechtsgrundlagen
Die Todesursachenstatistik wird auf der Grundlage des Gesetzes über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und der Fortschreibung des Bevölkerungsstandes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 826), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 9. Juni 2021 (BGBl. I S. 1649), durchgeführt. Da die Länder für die Bereiche des Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesens zuständig sind, beeinflussen teilweise auch einzelne Landesgesetze die Todesursachenstatistik zum Beispiel hinsichtlich der Auskunftspflicht und der Zuständigkeit bezüglich der Durchführung der Leichenschau.
Historie
Für vereinzelte Todesursachen existieren inzwischen lange Zeitreihen, die zum Teil über 100 Jahre betragen. Eine mit der heutigen Todesursachenstatistik vergleichbare Dokumentation über zum Tode führende Krankheiten existiert seit 1892. Seit 1905 gibt es ein national einheitliches Verzeichnis der Todesursachen. Durch die Umstellung auf die internationale Systematik International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems – ICD) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 1932 wurde die Todesursachenstatistik auch auf internationaler Ebene vergleichbar. Durch die sich schnell vollziehenden Fortschritte im Bereich der Medizin ist es notwendig, regelmäßige Veränderungen und Ergänzungen an der Systematik vorzunehmen. In Deutschland wird die ICD seit dem Jahr 1998 in der 10. Fassung angewendet.
Der Leichenschauschein als Grundlage der Todesursachenstatistik
Die Todesursachenstatistik basiert auf zwei verschiedenen Quellen. Dies sind zum einen die auf der Todesbescheinigung eingetragenen ärztlichen Angaben. Diese Informationen bilden das Fundament für die Ermittlung der Todesursache. Zum anderen erstellen die zuständigen Standesämter aufgrund der Todesfallanzeige eine Sterbefallzählkarte, welche die demographischen Daten der Verstorbenen beinhaltet. Hinsichtlich der Form und des Aufbaus der Todesbescheinigungen existieren zwischen den Ländern Unterschiede. Der Leichenschauschein ist bundesweit nicht einheitlich geregelt und kann hinsichtlich der Form und des Aufbaus ebenfalls unterschiedlich sein. Abweichungen bestehen beispielsweise im Abschnitt I „Direkt zum Tode führende Krankheit (oder Zustand)“ in der Anzahl der Zeilen (drei statt der international empfohlenen vier) und einem zusätzlichen Feld in einigen Ländern, in dem das ärztliche Personal nähere Angaben zur Todesursache und zu Begleiterkrankungen (Epikrise) machen kann. Im Jahr 1967 legte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fest, „all diejenigen Krankheiten, Leiden oder Verletzungen, die entweder den Tod zur Folge hatten oder zum Tode beitrugen und die Umstände des Unfalls oder der Gewalteinwirkung, die diese Verletzungen hervorriefen“ auf der Todesursachenbescheinigung einzutragen.
Im Teil I der Todesursachenbescheinigung ist vorgeschrieben, dass ausgehend von der unmittelbar zum Tode führenden Krankheit eine Kausalkette bis zum Grundleiden der verstorbenen Person anzugeben ist. Im Teil II sind sonstige, wesentliche Krankheitszustände aufzuführen, die zwar mit der direkt zum Tode führenden Krankheit nicht im Zusammenhang standen, aber den Krankheitsverlauf ungünstig beeinflussten und somit zu dem tödlichen Ausgang beitrugen. Die Art des Todeseintritts, wie etwa Atemstillstand, ist nicht einzutragen. Die Angabe, welcher genaue Krankheitszustand unmittelbar den Tod herbeigeführt hat und ob diese Todesursache durch vorausgegangene Krankheiten herbeigeführt wurde, obliegt dem leichenschauenden, ärztlichen Personal. Das korrekte Ausfüllen des Leichenschauscheins durch das ärztliche Personal ist auch hinsichtlich personenstandsrechtlicher, polizeilicher, versicherungsrechtlicher, erbrechtlicher und bestattungsrechtlicher Fragen (etwa zur Aufklärung von Straftaten im Zusammenhang mit dem Tod) von hoher Bedeutung.
Datenerfassung, Auswahl des Grundleidens
In den statistischen Landesämtern werden der Leichenschauschein und die Sterbefallzählkarte zusammengeführt. Diese Maßnahme ist notwendig, da in den Ländern der Leichenschauschein entsprechend den landesrechtlichen Vorschriften zunächst dem Gesundheitsamt zur Wahrnehmung seiner Amtsaufgaben übersandt wird. Beim Gesundheitsamt wird unter anderem sichergestellt, dass die ärztlichen Angaben vollständig und plausibel sind. Die Sterbefallzählkarte hingegen wird von den Standesämtern direkt an die Statistischen Landesämter übermittelt. Die Zusammenführung der Daten erfolgt über die Sterbebuchnummer, die sowohl auf der Zählkarte als auch außen auf dem verschlossenen Leichenschauschein vermerkt ist.
Die als Grundleiden bezeichnete Ursache ist definiert als der Ausgangspunkt der Kausalkette aller zum Tode führenden Krankheiten. Sie ist jene Krankheit oder Verletzung, die den Ablauf der direkt zum Tode führenden Krankheitszustände ausgelöst hat.
Das Grundleiden wird vom ärztlichen Personal auf der Todesursachenbescheinigung unter d) im Abschnitt II eingetragen. Um die Ergebnisse der Todesursachenstatistik vergleichbar zu machen, existiert ein durch die WHO festgelegtes Regelwerk. Die jeweilige Todesursache wird dabei von Fachkräften im Statistischen Landesamt in einen entsprechenden ICD-Kode verschlüsselt. Die Signiererinnen und Signierer ermitteln aus den ärztlichen Angaben auf der Todesbescheinigung das jeweilige Grundleiden der verstorbenen Person. Neben den diagnostischen Angaben werden dabei auch das Alter, das Geschlecht und die Dauer der Leiden des Verstorbenen berücksichtigt. Anschließend wird das Grundleiden durch einen entsprechenden ICD-Kode verschlüsselt. Da es sich um eine unikausale Statistik handelt, werden weitere, für den Tod ursächliche Leiden nicht aufbereitet.
Diese ICD-Klassifikation enthält etwa 12.000 verschiedene Positionen und ist somit eine der umfangreichsten statistischen Klassifikationen überhaupt. Im Falle unklarer Angaben durch die leichenbeschauenden Ärztinnen und Ärzte finden Rückfragen beim zuständigen ärztlichen Personal oder dem Gesundheitsamt statt. Um eine hohe Qualität bei der Signierung der Todesbescheinigungen zu gewährleisten, werden die Signierkräfte im Landesamt für Statistik Niedersachsen regelmäßig geschult.
Im Falle nichtnatürlicher Todesursachen wird eine zweifache Kodierung für die Art der Verletzung (z. B. Oberschenkelhalsbruch) sowie die äußere Ursache (z. B. Sturz auf der Treppe) vorgenommen. Zusätzlich wird bei Unfällen auch die Unfallkategorie (z. B. häuslicher Unfall) erfasst. Im Anschluss an die Signierungen durchlaufen die Daten eine IT-gestützte Plausibilitätskontrolle, um mögliche Eingabe- oder Kodierfehler herauszufiltern und zu korrigieren. Im Anschluss daran werden die Daten mittels eines automatisierten Geheimhaltungsprogrammes anonymisiert. Dies verhindert einen direkten Personenbezug und bietet die Möglichkeit regionaler Auswertungen bis auf die Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte. Nachdem die Aufbereitung abgeschlossen ist, erfolgt zwischen den Statistischen Landesämtern ein Datenaustausch, der nötig ist, da die Todesursachenstatistik dem Wohnortprinzip folgt, die Todesbescheinigungen aber zunächst nach dem Sterbeortprinzip an die Landesämter verteilt werden. Die einzelnen Landesergebnisse werden schließlich beim Statistischen Bundesamt zum Bundesergebnis aggregiert.