Armutsgefährdung ist 2011 in Niedersachsen gestiegen
Pressemitteilung des Landesbetriebes für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen
Datum: 13. September 2012
Nummer 79/12
HANNOVER. Die Armutsgefährdungsquote lag im Jahr 2011 in Niedersachsen bei 15,2 %. Wie der Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) mitteilte, bedeutet dies gegenüber der Quote des Vorjahres von 14,5 % eine deutliche Zunahme um 0,7 Prozentpunkte. Für Deutschland insgesamt wurden eine Quote von 15,1 % und eine Zunahme von 0,6 Punkten gegenüber 2010 gemessen.
Bereits im Jahr 2005 lag die Quote in Niedersachsen bei 15,1 %. Im längerfristigen Vergleich mit dem Jahr 2005 ist damit scheinbar eine Stagnation der Armutsgefährdungsquote festzustellen. Der Verlauf der jährlichen Daten seit 2005 macht allerdings deutlich, dass der Trend einer über mehrere Jahre hinweg konstanten bis rückläufigen Quote mit dem Anstieg im Jahr 2011 beendet ist.
Nach internationalen Konventionen gelten diejenigen Menschen als armutsgefährdet, die mit weniger als 60 % des mittleren monatlichen Nettoeinkommens auskommen müssen. Die Berechnungen werden von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder gemeinsam vorgenommen. Sie erfolgen auf Grundlage der Ergebnisse des Mikrozensus. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen lag in Niedersachsen 2011 bei ca. 1 398 Euro und die Armutsgefährdungsschwelle entsprechend bei 839 Euro, 3,3 % höher als im Jahr zuvor.
Die Quoten der relativen Armutsgefährdung wiesen zwischen den Bundesländern große Unterschiede auf. Sie lagen 2011 zwischen 11,3 % in Thüringen und 18,0 % in Hamburg. In 13 von 16 Bundesländern musste im Vorjahresvergleich eine mehr oder weniger starke Zunahme der Armutsgefährdung registriert werden. Die stärksten Zunahmen von mehr als einem Prozentpunkt gab es im Saarland und in Nordrhein-Westfalen. Nur in drei Ländern – Bremen, Sachsen und Thüringen – gab es Abnahmen.
Innerhalb Niedersachsens lag die Armutsgefährdungsquote in der Landeshauptstadt Hannover mit 20,1 % am höchsten; Hannover ist aber nicht mehr wie noch 2010 die Stadt mit der bundesweit höchsten Quote aller Großstädte. Auch im städtisch geprägten ostniedersächsischen Raum im Braunschweig sowie im Süden des Landes treten recht hohe Quoten auf. Demgegenüber ist die Armutsgefährdung im Westen und Nordwesten Niedersachsens deutlich geringer ausgeprägt.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen folgende Befunde der Sozialstatistiker:
- 44% der Alleinerziehenden und 27 % der kinderreichen Familien sind armutsgefährdet.
- Bei Erwerbslosen liegt die Quote sogar bei 56,7 %.
- Gering Qualifizierte tragen ein Armutsrisiko von 38,5 %, hoch qualifizierte nur von 4,9 %.
- 35,5 % der Ausländerinnen und Ausländer müssen als armutsgefährdet gelten; diese Quote ging gegenüber 2010 (36,7 %) allerdings zurück.
- Die Armutsgefährdung im Alter nahm von 12,2 % (2010) auf 14,1 % im Jahr 2011 zu.
Besonders ältere Frauen tragen mit einer Quote von 16,2 % ein überhöhtes und gegenüber dem Vorjahr (13,7 %) schnell wachsendes Risiko.
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Methodische Erläuterungen
Die hier vorgelegten Daten basieren auf dem sogenannten "Regionalkonzept". Bei der Berechnung von Armutsgefährdungsquoten muss grundsätzlich entschieden werden, ob man diese Quoten auf Basis bundeseinheitlicher (Nationalkonzept) oder regionaler (Regionalkonzept) Durchschnittseinkommen und davon abgeleiteter Armutsrisikoschwellen (60 % des Medians) berechnet. Die amtliche Statistik berechnet für die Bundesländer und tiefer gegliederte Regionaleinheiten, z.B. Regierungsbezirke und Großstädte, beide Werte.
Berechnet man Armutsgefährdungsquoten auf Basis eines bundesdurchschnittlichen Einkommens, sind die Daten der verschiedenen Regionen auf den ersten Blick besser miteinander vergleichbar. Die Durchschnittseinkommen differieren aber nicht nur zwischen den einzelnen Personen, sondern auch sehr stark zwischen den Regionen Deutschlands. Dieser Effekt wird durch unterschiedliche regionale Preisniveaus, vor allem im Bereich der Mieten, teilweise ausgeglichen. Zudem geht es bei der Armutsmessung immer um die Ermöglichung sozialer Teilhabe, für die ein gewisses Einkommensminimum erforderlich ist. Diese Teilhabe bezieht sich immer auf das konkrete nahe soziale Umfeld - Nachbarn, Familie, Freunde, Quartier oder örtliche Gemeinschaft. Das erforderliche Einkommensminimum für soziale Teilhabe ist daher unterschiedlich hoch.
Im Ergebnis unterschätzen regionale Armutsquoten, die nach dem Nationalkonzept berechnet wurden, die Armut in Regionen mit relativ hohen Einkünften stark. Andererseits überschätzen sie die Armut in Regionen mit relativ niedrigen Einkünften. Die Armutsanalysen des LSKN basieren daher ausschließlich auf den nach dem Regionalkonzept berechneten Quoten. Die nach dem Nationalkonzept berechneten Quoten stehen im Internet (www.amtliche-sozialberichterstattung.de) aber gleichfalls zur Verfügung.
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Frau Huter, Tel. 0511 9898-1616
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