Die soziale Lage in Niedersachsen: Statistikteil zur Handlungsorientierten Sozialberichterstattung 2024 erschienen
Landesamt für Statistik Niedersachsen, Pressemitteilung Nr. 095 vom 08.10.2024
- Armutsgefährdung von Menschen ab 65 Jahren 2023 bei 17,9%
- Frauen besonders von Armutsgefährdung im Alter betroffen
- Wachsende Zahl der Grundsicherungsempfängerinnen und -empfänger
HANNOVER. Mit dem Bericht 2024 erscheint der Statistikteil der vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung herausgegebenen Handlungsorientierten Sozialberichterstattung Niedersachsen (HSBN) zum 15. Mal. Erstellt wurde er im Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN).
Die aktuelle Ausgabe stellt hauptsächlich die soziale Lage im Jahr 2023 und 2022 dar. Schwerpunktthema ist die Armutsgefährdung im Alter.
Im Jahr 2023 erreichte die Armutsgefährdung unter der Generation 65plus in Niedersachsen einen Höchststand seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2005. Während die Armutsgefährdung in der Gesamtbevölkerung zurückging, stieg die Quote unter den Menschen ab 65 Jahren leicht auf 17,9%. Besonders auffällig ist dabei die Entwicklung bei älteren Frauen.
Während Männer ab 65 Jahren mit einer Armutsgefährdungsquote von 14,9% weiterhin unter dem Bevölkerungsdurchschnitt lagen, war jede fünfte Frau dieser Altersgruppe (20,4%) von Armut bedroht. Die ungleichen Erwerbsbiografien zwischen Männern und Frauen tragen maßgeblich zu dieser Entwicklung bei.
Verschiedene Faktoren wie Teilzeitbeschäftigung, Care-Arbeit und damit verbundene Rentenlücken (Gender Pension Gap) führen zu einer erheblichen Ungleichheit. Unter den 65-Jährigen und Älteren, die allein leben, ist das Armutsrisiko nochmals erhöht, da diese Lebensform überdurchschnittlich oft mit finanziellen Engpässen verbunden ist.
Trotz der hohen Armutsgefährdung lag in Niedersachsen 2023 der Anteil der 65-Jährigen und Älteren, die von erheblichen materiellen und sozialen Entbehrungen betroffen waren, mit 4,4% unter dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung (7,7%).
Im Dezember 2023 bezogen 69.220 Personen über der Regelaltersgrenze Grundsicherung im Alter. Dies entspricht einer Quote von 4,0%, welche im Zehnjahresvergleich um 1,0 Prozentpunkte gestiegen ist. Besonders stark wuchs die absolute Zahl der Beziehenden mit einem Anstieg von 39,1%.
Diese und viele weitere Ergebnisse unter anderem aus den Themenbereichen Demografie, Lebensformen, Bildung und Qualifikation, Wirtschaft und Erwerbstätigkeit, Arbeitslosigkeit, Einkommen und Verdienste, relative und „bekämpfte“ Armut, Gesundheit und Lebenserwartung, Kinder und Jugendliche finden sich in der HSBN wieder.
Der mit zahlreichen Abbildungen ausgestattete Statistikteil kann im Internetangebot des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung heruntergeladen werden (www.ms.niedersachsen.de > Themen > Soziales > Handlungsorientierte Sozialberichterstattung) oder unter https://www.sozialberichterstattung-niedersachsen.de.
Die HSBN liefert sozialpolitisch wichtige Regionaldaten und Analysen und wird nach den Informationsbedürfnissen der Akteurinnen und Akteure der Armutsbekämpfung in Politik, Verwaltung und Verbänden laufend fortentwickelt. Den regional und kommunal Handelnden wird verlässliches Vergleichsmaterial für ihre Region an die Hand gegeben. Im Mittelpunkt steht die Berichterstattung über die Entwicklung der Armut in Niedersachsen. Dabei bedeutet Armut mehr als nur Einkommensarmut oder -ungleichverteilung, sondern auch die mangelnde Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Methodische Hinweise:
Als armutsgefährdet gelten alle Personen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 60% des regionalen Durchschnitts, gemessen am Median. Dabei werden die Haushalte oder Personen ihrem Einkommen nach aufsteigend sortiert. Der Median ist der Wert, der die Bevölkerung in genau zwei Hälften teilt. Das heißt, die eine Hälfte hat mehr, die andere weniger Einkommen zur Verfügung.
Der AROPE-Teilindikator (At Risk Of Poverty or social Exclusion; Quelle: EU-SILC als Unterstichprobe des Mikrozensus) zur „materiellen und sozialen Deprivation“ geht der Frage nach, wie viele Menschen sich bestimmte Dinge aus finanziellen Gründen nicht leisten können, die von den meisten Menschen für eine angemessene Lebensführung jedoch als wünschenswert oder notwendig angesehen werden. Darunter fallen Ausgaben für 1) Hypotheken- oder Mietschulden oder Rechnungen für Versorgungsleistungen; 2) eine angemessene Beheizung der Wohnung; 3) unerwartete Ausgaben (2023: 1.150 Euro); 4) regelmäßige warme Mahlzeiten (jeden zweiten Tag) mit Fleisch oder pflanzlichem Eiweiß; 5) jährlich eine Urlaubsreise; 6) ein Auto; 7) abgewohnte Möbel zu ersetzen, 8) abgetragene Kleidungsstücke durch neue (nicht Second-Hand-Kleidung) zu ersetzen, 9) mindestens zwei Paar passende Schuhe in gutem Zustand zu besitzen; 10) wöchentlich einen geringen Geldbetrag für sich selbst aufzuwenden; 11) regelmäßige Freizeitaktivitäten (auch wenn diese Geld kosten); 12) mindestens einmal im Monat mit Freunden/Familie für ein Getränk/eine Mahlzeit zusammenzukommen; 13) eine Internetverbindung zu haben.
Erhebliche materielle und soziale Entbehrung (Deprivation) liegt vor, wenn 7 der 13 Kriterien aufgrund der Selbsteinschätzung des Haushalts beziehungsweise der Person erfüllt sind.
Kontakt:
Arne Lehmann, Tel. 0511 9898-3145
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